Donnerstag, 4. Februar 2016

Arno Strobel - Die Flut *Rezension*



Die Flut
Arno Strobel

Wenn die Flut kommt, ist alles zu spät …


Gelesen: Januar 2016

Allgemeines

Verlag: Fischer
Erscheinungsdatum: 21.01.2016
Format: Taschenbuch
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-596-19835-1
Seiten: 368
Preis: 9,99 €



Foto: Fischer



Klappentext:

Es ist NACHT, sie sind am Strand, HILFLOS, ihm AUSGELIEFERT, sie können sich nicht befreien, und dann kommt die FLUT …

Zwei Pärchen machen Urlaub auf Amrum. In dieser Zeit geschehen grausame Morde. Ein Superintelligenter ist am Werk, um nicht nur den perfekten Mord, sondern die „perfekte Mordserie“ zu begehen. Er entführt Paare und vergräbt nachts bei Ebbe die Frau bis zum Hals im Sand. Den Mann bindet er an einen Pfahl in der Nähe fest, so dass er dabei zusehen muss, wenn seine Frau bei Flut langsam ertrinkt.
Die beschauliche Insel Amrum hat er sich ausgesucht, weil dort normalerweise nie etwas passiert und ihm die entsprechenden Schlagzeilen sicher sind. Das ist es, was er möchte. Die ganze Welt soll erfahren, wie clever er ist. Und es sieht so aus, als hätte er damit Erfolg … 
Text: Fischer

… und wenn sie geht, nimmt sie dir das Wichtigste im Leben

Ich habe diesen Strobel-Thriller in Leipzig gekauft, als ich von der Lesung von Saskia und Veit Etzold kam. Natürlich in dem Bewusstsein, knapp zwei Wochen später an genau diesem Ort in genau dieser Buchhandlung auf Arno Strobel höchstpersönlich zu treffen.

Arno Strobel gehört für mich zu der Kategorie von Autoren, denen ich sehr stark vertraue. Deshalb ist es mir auch weniger wichtig, wovon der Roman handelt, wo er spielt und welche Ziele er verfolgt. Mir ist einfach bewusst, dass ein Buch, was auf dem Cover in großen Buchstaben den Namen dieses Autoren trägt, nie schlecht oder langweilig sein kann. Und ohne dem Fazit dieser Rezension vorgreifen zu wollen, … Das Vertrauen in den Autor hat sich absolut gelohnt.

Wenn ich ein Buch lese, möchte ich mich vorher und dabei immer schon informieren, wie andere Blogger und Leser über das Werk denken. Normalerweise haben Blogger ein gutes Gespür dafür, wie viel sie verraten dürfen, ohne potentiellen Lesern die Spannung zu nehmen. Wir haben mit unseren Rezensionen ja das Ziel, ein Buch vorzustellen und Andere neugierig darauf zu machen. In diesem Falle habe ich mich etwas geärgert, dass ich so viele Rezis vorher schon gelesen habe. Nicht unbedingt, weil mir das Ende verraten worden wäre. Aber durchaus, weil einige Dinge zur Sprache kamen, die ich lieber allein festgestellt und danach bestätigt hätte. Jetzt aber künftig nur noch Rezensionen zu durchstöbern, wenn ich das Buch beendet habe, ist auch nicht so toll. Dann verpasse ich vielleicht Büchertipps. Der goldene Mittelweg lässt sich da wohl schwer finden.

Beim Lesen des Prologs bekommt man beim aktuellen Buch von Arno Strobel sehr gut mit, dass hier kein Täter am Werk ist, der nicht zu 100 % weiß, dass er mehr IQ Punkte besitzt, als so manch anderer Gedächtnisakrobat. Immer dann, wenn im Buch ein Part aus Sicht des Täters erzählt wird, wird dieser nicht müde, es in Gedanken oder im Selbstgespräch zu betonen, dass er der Polizei und anderen Akteuren gnadenlos überlegen ist und sich nicht so ohne Weiteres Dingfest machen lässt.

Der größte Teil des Buches besteht jedoch aus der Sicht von Julia und Michael. Ein Ehepaar. Glücklich. Seit Jahren. Er ist beruflich erfolgreich und sie steht an seiner Seite und unterstützt ihren Freund nach bestem Bemühen. Woran es nur mal wieder fehlt, ist ein bisschen mehr gemeinsame Zeit. Ein wenig die Seele baumeln lassen, lange Spaziergänge, lesen, tolle Gespräche bei gutem Essen. All das wünscht sich Julia doch sehr von ihrem Noch-Nicht-Ehemann. Da kommt diesem die Idee eines Kollegen sehr recht, mit ihm und seiner Frau ins Ferienaus auf die Insel Amrum zu fahren. Dort müssen dringend Renovierungsarbeiten erledigt werden und man könne gemeinsam sicher viel besser vorrankommen, als allein. Eines Tages brechen sie auf. Julia, Michael, Andreas und Martina. Andreas war ebenfalls sehr erfolgreich in dem, was er tat. Was natürlich zur Folge hatte, dass er wenig Zuhause ist und sich noch weniger um seine Ehe mit Martina kümmern kann. Diese kompensiert ihren Unmut mit schlechter Laune, welche sie ungehindert auf Alle überträgt, die eigentlich gern einen ruhigen Urlaub verbringen möchten. Es gibt dauernd Stress und Zoff wegen Martina und ihren missgünstigen Aussagen gegenüber ihrer Mitmenschen.

Einen gibt es auf der Insel aber, der sich augenscheinlich keine Laune verderben lässt. Er verdirbt selbst auf seine ganz eigene Art den Menschen die Urlaubslaune. Indem er sich ein glücklich wirkendes Paar aussucht, sich zu deren Wohnung Zugang verschafft, das Paar betäubt und entführt. Wenn Mann und Frau, die er Jane und John nennt, wach werden, ist sie bis zum Hals im Strandsand eingegraben und er in wenigen Schritten Entfernung an einen Pfahl angepflockt. Und dann kommt sie. DIE FLUT. Und sie nimmt Jane das Leben, während John nur noch dabei zu sehen kann, wie seine geliebte Frau nach Luft schnappend den letzten Atemzug unternimmt, bevor sie dem Salzwasser zum Opfer fällt.

Der Mörder ist ein hochintelligenter Mensch. Er weiß genau, welche Fäden er wann ziehen muss, um die Polizei gekonnt auf eine Spur zu bringen, von der zumindest einer der Ermittler nicht abzubringen ist. Mit einigem Abstand beobachtet er, wie die Beamten versuchen, dem Täter habhaft zu werden. Und trotz des Abstandes ist er immer mittendrin. Er weiß immer was Sache ist und kennt jeden ihrer Schritte. Die Frage ist nur: Wird es der Polizei gelingen, den Täter zur Strecke zu bringen? Werden sie den wahren Schuldigen finden? Oder wird er, völlig ungehindert, noch mehr morden, noch schlimmer morden? Wird er an sein Ziel kommen? Wird er finden, wonach er sucht? Oder muss er am Ende einsehen, dass es das, was er sucht, überhaupt nicht in dieser Form gibt?
All diese Fragen könnt ihr nur lösen, wenn ihr das Buch lest.

Solltet ihr mit dem Gedanken spielen, im Sommer Urlaub auf Amrum zu machen, dann könnt ihr das tun. Ohne das Ende vorweg zu nehmen, kann ich euch verraten, dass der Mörder nicht mehr auf der Insel ist. Aber vielleicht ist er schon bei euch im Ort. Und vielleicht schaut er sich gerade jetzt euer Haus an, um demnächst ein neues Opfer zu finden. Auszuschließen ist Nichts. Und wenn man durch dieses Buch etwas vor Augen geführt bekommt, dann ist es, dass nichts so ist, wie es aussieht. Man sieht einem Ungeheuer seine Ungeheuerlichkeit nicht immer direkt an. Und schon gar nicht, wenn es von Arno Strobel erfunden wurde.

Blutrünstig sind seine Thriller nie, aber Strobel schafft es, in düsterer Stimmung seinen Lesern vor Augen zu führen, wie grausam Menschen sein können und wie krank ihre Gedanken.

Man fühlt sich beim Lesen oft so, als sei man mit den Opfern gemeinsam in die grausame Falle des kranken Typen getappt, der Dinge tut, die kein gesundes Gemüt sich einfallen lassen könnte. Als bobachtender Leser war es ein unheimlich beklemmendes Gefühl, zu erleben, wie die tödliche Gewissheit sich Stück für Stück in die Opfer gebohrt hat.

Wie es bei Büchern von Arno Strobel schon Tradition ist, lassen die letzten Seiten auch in diesem Thriller meinen Mund offen stehen. Personell hatte ich schon sehr zeitig eine Ahung, die sich am Ende als nicht falsch herausstellte. Jedoch habe ich diese Person nach wenigen Seiten nicht mehr als Täter im Blick gehabt, da seine Lebensweise und Ansichten immer mehr an Sympathie gewonnen haben. Am Ende wird dem Leser jedoch bewusst, dass diese Sympathie nur auf Lügen begründet war. Und gerade diese Täuschung in einem Menschen ist das eigentliche Grauen.

Andere meiner Verdächtigen haben jedoch bewiesen, dass Hartnäckigkeit keine Tugend auf verlorenem Posten sein muss.

Dieser Strobel-Thriller war nicht nur Thriller. Er war auch zu gutem Teil Krimi. Eigentlich lese ich gerne Kriminalromane. Nur hatte ich bei Arno Strobel nach DAS DORF etwas mehr Psycho und etwas weniger Krimi erwartet. Psychoterror gab es aber für einen unsere Hauptprotagonisten / Hauptprotagonistinnen dennoch. Und wenn ich mir etwas für diese Person wünschen darf, dann, dass sie nun trotz aller Dramatik, aller Angst und allem Kopfzerbrechen etwas getroffen hat, was wir oft suchen und nur einmal finden. Die Liebe fürs Leben.

Am Ende einer Rezension sage ich euch immer, ob ihr ein Buch lesen sollt, oder ob es sich nicht lohnt. Und wenn ich euch jetzt sagen würde, dass ihr diesen Strobel nicht lesen braucht, dann würde ich mich ernsthaft fragen, was mich da geritten hat. Natürlich MÜSST ihr ihn lesen, wenn ihr Strobel-Fan seid. Wenn ihr Thriller mögt, die viele Elemente von Kriminalromanen in sich tragen, dann seid ihr hier an der richtigen Stelle. Solltet ihr aber eher Lust auf ein langweiliges Buch haben, was euch gähnend auf der Couch zurücklässt, dann lasst DIE FLUT lieber noch im Regal stehen. Denn diese Erwartung kann ein Roman von Arno Strobel im Leben nicht erfüllen.



Falls ihr noch mehr über Arno Strobel und sein aktuelles Buch erfahren wollt, solltet ihr am 15.02.2016 auf diesem Blog die neue Ausgabe von DREI FRAGEN AN ... nicht verpassen. Ich habe am Rande seiner Lesung mit ihm gesprochen und ihm Zukunftswünsche und Kindheitserinerungen entlockt. Und ausßerdem verrät er uns, was er NIEMALS (für einen Leser) tun würde. 

 


Infos & Links:






6 Kommentare:

  1. Wow! Herzlichen Dank! Natürlich für diese tolle Rezension, aber vorrangig dafür, wie ausführlich du dich mit dem Duch auseinander gesetzt hast.

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    1. Hallo Arno :)

      vielen Dank für die lieben Worte. Und auch für das Teilen bei Facebook. Es freut mich sehr, dass dir die Rezi gefallen hat.

      Ich werde sie bald auch noch bei Lovelybooks und Amazon posten.

      Viele Grüße und bis bald!! :)

      Martin

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  2. Hey Martin!
    Eine sehr ausführliche Rezi, bei der man wiedermal merkt, wie sehr du dich beim und nach dem Lesen mit deinen Büchern auseinandersetzt. Jedoch muss ich ein bisschen schmunzeln. Am Anfang schreibst du, dass in anderen Rezis oft zu viel verraten wird und selbst schreibst du aber auch sehr viel über den Inhalt. Für mich persönlich war es tatsächlich ein bisschen zu viel vom Inhalt, aber das ist ja Geschmacksache.
    Man spürt deine Leseleidenschaft und es ist einfach richtig toll zu sehen, wie professionell und intensiv du dich mit dem Gelesenen beschäftigst :)
    Liebe Grüße
    Anka

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    1. Hey Anka :)

      Danke für deinen ausführlichen Kommentar.

      Ich schreibe die halbe Rezi immer schon, beim Lesen, in meinen Notizblock. Deshalb wird es dann wahrscheinlich auch etwas länger, weil ich hinterher nicht vor einer leeren Word-Seite sitze.
      Wenn ich dann so beim Schreiben bin und meine Finger über die Tastatur schweben, kommen zusätzlich noch einige Details dazu. Ich hoffe, es waren keine Spoiler. Das Ende bleibt ja in der Rezi noch offen.
      Freut mich, dass sie dir der Beitrag Spaß gemacht hat.

      Bis bald
      Liebe Grüße
      Martin

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  3. Hallo Martin,

    was für ein genialer und absolut kaufanregender Beitrag/Rezension zu Arno´s neuem Buch (was selbstverständlich schon auf meiner WuLi steht). Ich musste mehrfach schmunzeln, als ich deinen Beitrag gelesen habe. Ich kann nur meinen imaginären Hut vor dir ziehen!!!!

    Ganz liebe Grüße,
    Uwe

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    1. Hallo Uwe :)

      wow Danke für die tollen Worte. Also du solltest das Buch echt von der WuLi runternehmen. Dort hat es nix zu suchen. Es gehört viel mehr in dein Regal. :) Wie ich in der Rezi schon geschrieben hab, ist es nicht ganz so psychologisch, wie DAS DORF. Aber das war wohl auch absichtlich nicht geplant. Jedenfalls hat Arno das bei der Lesung neulich in Leipzig so gesagt. Aber ich hatte sehr schöne Stunden mit dem Buch.

      Liebe Grüße
      Martin

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